Die Gefahren von Social Media und Digital Detox als Abhilfe
- Bianca
- 16. Apr.
- 4 Min. Lesezeit

Dieser Tage ist es in Vieler Munde, das Handyverbot an deutschen Schulen. Auslöser dafür: Ein Handyverbot an Schulen in Hessen ab dem Schuljahr 2025/2026. Nun erwägt auch NRW ein solches Verbot. Und Hessen hat sich vermutlich an Schweden, Frankreich oder den Niederlanden orientiert. Unlängst gab es auch aus Australien die Forderung der Freigabe von Sozialen Medien erst ab 16. Der Grund: Allerorten stellt man fest, dass sich die Handynutzung an Schulen massiv auf die Lernleistung auswirkt. Diese sinkt, auch die Lese- und Schreibkompetenz nimmt ab. Und nicht nur das: In einer Studie der Krankenkasse Pronova BKK fand man kürzlich heraus, dass die Gruppe der jungen Erwachsenen mit über 60 % bei Schlaflosigkeit am häufigsten zu Schlafmitteln greift, seien sie pflanzlich oder chemisch. Da in dieser Gruppe auch die Handynutzung mit dessen blauem Licht am höchsten ist, liegt es nahe, dass die Schlafstörungen durch eine auch abendliche große Handynutzung verursacht wird. Prof. Dr. med. Herold (Beratungsarzt der Pronova BKK) sagt in einem Interview dazu: „Gerade in der Generation Z dürften Stress und eine intensive Nutzung digitaler Medien zu Schlafproblemen führen. Dann wird schnell zu einem Präparat gegriffen, ohne über mögliche Risiken nachzudenken“ (vgl. https://www.pronovabkk.de/unternehmen/presse/studien/schlafen-2024.html).
Abgesehen von den Auswirkungen auf die Lernleistung, lassen sich durch die zunehmende Handynutzung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch andere Nachteile des Social-Media-Konsums eben jener Gruppe feststellen: Krankenkassen (vgl. Umfrage der AOK vom Juli 2023) beobachten ein größeres und sich negativ auswirkendes Vergleichsdenken sowie Cybermobbing und Cybergrooming bei den Heranwachsenden. Durch das permanente Vergleichen mit „photogeshoppten“ Social-Media-Schönheiten, insbesondere reichweitenstarken Influencern, entsteht ein großer sozialer Druck, gerade bei Mädchen, was Schönheitsideale anbelangt. Auch führt der permanente Konsum von Social-Media-Inhalten zu einer verzerrten Wahrnehmung der Realität und zu sozialer Isolation. Paula Vooren, Autorin eines kritischen Social-Media-Artikels bei „Welt.de“, schreibt dazu: „Immer mehr Zeit wird online verbracht, der Suchtfaktor ist enorm, die mentale Gesundheit leidet. Es ist einfach zu verlockend, jederzeit zu wissen, was Freunde, Bekannte oder Prominente gerade treiben. Mehr oder weniger unbewusst vergleichen die Jugendlichen dabei das Aussehen und den Lifestyle der sogenannten ‚Creators‘ mit ihrem eigenen. Die Folge: Unglücksgefühle und Unzufriedenheit, weil das eigene Leben mit den oftmals gestellten, bearbeiteten Fotos nicht mithalten kann“ (siehe https://www.welt.de/debatte/article245877108/Social-Media-So-gross-ist-der-Druck-unter-uns-Jugendlichen.html).Nicht wenige Influencer oder Personen der Öffentlichkeit beklagen zudem die Zunahme von Hassbotschaften, Todesdrohungen und dergleichen auf Social Media. Um dem abzuhelfen, wurde eine Organisation namens Hate Aid gegründet, die Opfern von Cybermobbing hilft, dagegen vorzugehen.
Der sozialen Isolation wollen die Real-Life-Guys entgegen wirken, ursprünglich ein Geschwistertrio, bestehend aus männlichen Zwillingen und einer Schwester, die durch abenteuerliche Do-it-yourself-Aktionen – (z. B. der fliegenden Badewanne) und deren Dokumentation auf Social Media (v. a. YouTube) – eine große Fangemeinde erreicht haben, die auch den Tod einer der beiden Zwillinge durch Krebs und den des Mädchens durch einen Flugzeugabsturz mitverfolgt haben, vgl. Sendung: https://www.youtube.com/watch?v=14di1XR8AwQ. Das Besondere an dem Familientrio neben den spektakulären DIY-Projekten ist deren starker Zusammenhalt im Freundeskreis, was auch beim Tod und den letzten Lebenswochen von Philipp Mickenbecker deutlich wurde.
Zugenommen haben bei Jugendlichen auch Angst und Depressionen, verglichen mit vorangegangenen Generationen. Zudem fördert die Social-Media-Plattformen, allen voran Facebook, Instagram und YouTube auch das Suchtverhalten von Menschen, indem sie das Belohnungsverhalten fördern, bei Facebook mit Likes, bei Instagram mit Followern, bei YouTube mit dem Algorithmus von Social-Media-Inhalten. Kritisch sah das Liken 2015 bereits die Band Deichkind und ließ sich dadurch zu ihrem Song „Like mich am Arsch“ inspirieren: https://www.youtube.com/watch?v=OVvHj1FLCn4.
Eben jener Algorithmus ist es auch, der dafür sorgt, dass den Social-Media-Nutzern, je nach Plattform fortwährend neue potenziell interessante Inhalte vorgeschlagen werden, basierend auf den schon angeklickten oder angeschauten. Das birgt zum einen die Gefahr, dass man in seiner eigenen Social-Media-Blase mit Menschen ähnlicher Meinung verhaftet bleibt und zum anderen, dass man von einem zum nächsten klickt und so, langsam, aber sicher, die Zeit vor Social-Media-Kanälen verbringt – um nicht zu sagen, verplempert – statt mit produktiven Tätigkeiten. Davor und vor einer regelrechten Mediensucht warnt auch die kürzliche DAK-Studie (zusammen mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf), die zu dem Schluss kam, dass mehr als ein Viertel der Kinder und Jugendlichen bereits von Mediensucht betroffen sind, vgl. https://www.dak.de/presse/bundesthemen/kinder-jugendgesundheit/dak-suchtstudie-millionen-kinder-haben-probleme-durch-medienkonsum-_91832
Wie den Gefahren der Social-Media-Welt also entgegenwirken? Sinnvoll wäre zum einen eine spätere Handy-Nutzung, z. B. erst ab 14 Jahren. Dazu gibt es in Hamburg bereits die Elterninitiative Smarter Start ab 14, die sich für eine smartphonefreie Kindheit einsetzt. Zu ihren Zielen gehört auch, „dass alle Kinder vor den negativen Auswüchsen von Social Media geschützt werden.“ (vgl. https://www.smarterstartab14.de. Zum anderen wäre die Steuerung des Medienkonsums wichtig, sei es durch Vermittlung von Medienkompetenz, hier könnten die Schulen mit einem pädagogischen Angebot helfen, zum anderen müssten die Eltern die tägliche Zeit der Mediennutzung begrenzen.
Ein bekannter Hirnforscher, Prof. Dr. Manfred Spitzer, warnt zudem davor, dass durch die häufige Smartphone-Nutzung eine „Digitale Demenz“ einsetzt, soll heißen, dass Jugendliche und Heranwachsende sich kaum noch komplexere Inhalte merken können und durch die Nutzung von Google, Wikipedia und Co. zunehmend die Allgemeinbildung bei der jüngeren Generation abnimmt und sich die Hirnleistung verringert. Des Weiteren sinkt die Aufmerksamkeitsspanne deutlich im Vergleich zu der von „analogen Generationen“.
Erste bekannte Influencer haben die Gefahren von Social Media bereits am eigenen Leib erlebt und gehen daher wesentlich kritischer mit Social Media um bzw. posten deutlich seltener Inhalte als früher, z. B. Sophia Thiel und Louisa Dellert. Letztere war schon 9 Jahre in den Sozialen Medien unterwegs, als sie 2023 in ein Burnout schlitterte und sich fortan entschloss, mehr im echten Leben als im virtuellen unterwegs zu sein. Ähnlich Sophia Thiel, die 2021 an einem Burnout litt und ihre Ess-Störung publik machte, und seit 11 Monaten kaum noch Videos auf ihrem You-Tube-Kanal hochlädt und auch nicht mehr so viel von ihrem Privatleben preisgeben möchte.
Helfen für eine geringere Social-Media-Nutzung könnte auch ein bewussterer und dosierterer Umgang mit Social Media und geplante Zeiten der Social-Media-Abstinenz (Digital Detox). Zdf.de empfiehlt dazu in einer Sendung (https://www.zdf.de/nachrichten/zdf-mittagsmagazin/digital-detox-stress-social-media-service-100.html) einen kritischeren Umgang mit Social Media und erste Maßnahmen, wie: Benachrichtigungen ausschalten, Schwarz-Weiß-Modus einstellen (dadurch sinkt das Nutzererlebnis und das Smartphone wird seltener zur Hand genommen), Zeitlimits einrichten und Apps löschen. Vielleicht sind ja auch die vor uns liegenden Oster-Feiertage und die diesjährige Fastenzeit eine gute Gelegenheit „Digital Detox“ einmal für sich persönlich auszuprobieren.
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