Was sich nach der Corona-Pandemie ändern muss – mein persönliches Fazit
- Bianca
- 9. Juli 2021
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 20. Juni 2023
Wir schreiben das Jahr 2021 – ein Jahr, das noch immer von der Corona-Pandemie geprägt ist, die die Menschheit im Januar 2020 überfallen hat.

Was mir vor rund anderthalb Jahren undenkbar schien, ist jetzt Normalität geworden. Ich trage beim Verlassen des Hauses eine Maske, zunächst eine Stoffmaske, dann eine OP-Maske und jetzt vielfach eine FFP2-Maske. In der Straßenbahn sitzen mittlerweile alle Leute brav mit Maske da, auch beim Arzt das gleiche Bild. Ebenso beim Einkaufen, auf belebten Plätzen, in Restaurants, an Arbeitsplätzen, im Gottesdienst. Alltag mit Maske, Abstand und gemäß der Hygieneregeln: AHA-L. Alltagsmasken (jetzt FFP2-Masken), Händewaschen (regelmäßig und mind. 20 Sekunden), Abstand (1,5 bis 2 Meter), Lüften (regelmäßig und ausgiebig).
Mittlerweile sind drei heftige Corona-Wellen über unser Land Deutschland gerollt. Am schlimmsten war die zweite Welle der Pandemie im November und Dezember 2020, wo abertausende Menschen starben. Schlimm war aber auch, dass in der ersten Welle viele Alte und Kranke einsam sterben mussten, weil man selbst ihre engsten Angehörigen nicht mehr zu ihnen lassen wollte, aus Pandemiegründen. Unvergessen sind auch die Bilder von Italien und Spanien, wo die Särge voller Leichen in Militärfahrzeugen abtransportiert wurden, wo überarbeitete Ärzte, Schwestern und Pfleger erschöpft in Handy-Kameras blickten und wieder und wieder an die Solidarität der Bürger appellierten.
Gab es in der ersten Corona-Welle noch eine Welle der Sympathie – Nachbarn halfen Nachbarn und dergleichen, ebbte dieses Zeichen der Solidarität bereits in der zweiten Welle mit dem zweiten Lockdown ab. Zu sehr waren viele mit dem Überleben angesichts der neuen Herausforderungen von Home-Schooling, Home-Office, Quarantäne und beschränkten Einkaufsmöglichkeiten beschäftigt, kurz, mit ihrem eigenen Familienkosmos. Notgedrungen haben wir Verzicht gelernt: keine Shoppingbummel mehr am Wochenende, keine Gottesdienste mehr mit Gesang und Geselligkeit, kein zwangloses Treffen mit Freunden, kein winterlicher Besuch auf dem Weihnachtsmarkt. Stattdessen Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperren, Lieferservice, Home-Schooling, Home-Office und virtuelle Treffen mit Freunden und Bekannten. Und schon lange keine Umarmungen mehr.
Aber auch Entschleunigung, mehr Zeit für‘s Lesen, für die Gestaltung der eigenen vier Wände, für‘s Besinnen auf das Wesentliche. Und siehe da, ich habe festgestellt: Ich brauche nicht jedes Jahr x neue Kleidungsstücke oder 2-4 Paar neue Schuhe. Zuhause ist es außerdem auch ganz gemütlich. Selbermachen ist wieder in: Selberkochen, Einkochen, Backen, Handarbeiten, DIY-Projekte. Wohnzeitschriften hatten bei mir Hochkonjunktur, so träumte ich auch von neuen Einrichtungsstilen, entdeckte neue Einrichtungsmöglichkeiten sowie Optimierungspotenzial. So viel neue digitale Formate habe ich schon lange nicht mehr ausprobiert, und finde es gar nicht so schlecht, virtuell vernetzt zu sein. So viel gelesen wie im letzten Jahr habe ich zudem auch schon lange nicht mehr. Und auch nicht mehr so viel telefoniert. Und schon lange nicht mehr so gründlich darüber nachgedacht, was sich in der Welt und in meinem Leben nach der Corona-Pandemie ändern soll.
Meine persönlichen Lehren aus dieser Zeit:
· Wir sollten uns als Land Deutschland oder als Europa nicht so sehr abhängig machen von den fernöstlichen Ländern, insbesondere nicht von China. Lieferengpässe bei Schutzausrüstung, Medikamenten, Kleidung, aber auch bei Auto- und Fahrradzubehör haben dies überdeutlich gemacht.
· Unterbezahlte, systemrelevante Berufe, wie Alten- und Krankenpfleger, sollten dauerhaft besser entlohnt werden und die Menschen darin mehr Wertschätzung für ihre Arbeit für die Gesellschaft erfahren.
· Die HauptproduzentInnen unserer Kleidung in den asiatischen Ländern sollten besser und gerechter entlohnt werden, 17 Cent Stundenlohn in Textilfabriken in Bangladesch ist einfach zu wenig für ein später teuer in Europa verkauftes Kleidungsstück.
· Es muss gerechter und fairer in dieser Welt zugehen (Impfstoffverteilung, Entlohnung, Klima- und Umweltschutz). Das Lieferkettengesetz und das Label „Der grüne Knopf“ sind erste Schritte in die richtige Richtung, aber eben nur ein dringend notwendiger bzw. längst überfälliger Anfang.
· Ich will nicht mehr so viele klimaschädliche Flugreisen unternehmen. Auch in Deutschland gibt es bezaubernde Reiseziele in nicht allzu weiter Ferne. Die Sächsische Schweiz zum Beispiel, die mir immer eine Reise wert ist.
· Ich will dem Egoismus und der Selbstbezogenheit vieler Menschen entgegen treten und bewusst anders leben, nämlich solidarisch. Das gilt auch für das Thema „nachhaltiger Konsum“.
· Christen kann und darf Natur- und Umweltschutz und eine gerechtere Welt, bezogen auf die Arbeitsbedingungen, nicht egal sein. Wenn ja, haben sie Entscheidendes ihres Meisters nicht verstanden. Daher setze ich mich vermehrt bei Natur-, Umwelt- und Gerechtigkeitsinitiativen ein und überdenke einmal mehr meinen Konsum (regionaler, klimaneutraler, mehr Bio, mehr Fairtrade, mehr Nachhaltigkeit und bewusstere Kaufentscheidungen, weniger Verpackungsmüll, weniger Konsum).
· Die Schere zwischen Arm und Reich (auch in Deutschland) und die Intoleranz bei verschiedenen Meinungen oder Hasskommentare im Netz und Todesdrohungen für sich eindeutig positionierende Politiker und Personen des öffentlichen Lebens sind mir unerträglich. Auch die Verrohung der Gesellschaft ist für mich erschreckend (siehe ausufernde Querdenker, wachsender Antisemitismus, zunehmende Politikverdrossenheit vieler Bürger). Hier möchte ich einen Gegenpol setzen mit Worten und Werken.
· Und last, but not least, will ich dankbarer sein für das, was ich habe. Und das ist sehr viel im Vergleich zu Menschen in Entwicklungsländern und Krisengebieten, auch wenn ich gerade einmal zur Mittelschicht gehöre in Deutschland. Ich will dankbar sein für die kleinen Dinge im Leben: die Wunder der Schöpfung, die mich umgebenden Tiere, das Lächeln des Fremden im Supermarkt, den hilfsbereiten Nächsten, meine Herkunftsfamilie, die auch über große Entfernungen hinweg zusammenhält und füreinander da ist, für Freunde und Bekannte, mit denen ich mich trotz manch unterschiedlicher Auffassung in der Corona-Pandemie nicht überworfen habe, für ein gutes Buch, ein hilfreiches Wort, eine nette Geste …
Und was haben Sie aus der Corona-Krise gelernt und mitgenommen? Was möchten Sie bewusster wahrnehmen, was ändern? Wofür dankbarer sein?
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